«Für uns haben Stabilität und Sicherheit Priorität»

Wussten Sie, dass auch Immobilien Lebenszyklen haben? Was das für die Zukunftsplanung bedeutet und warum die HGW gerade darum besonders stabil (und manchmal auch etwas langsam) ist, verrät Geschäftsführer Gamal Rasmy im Gespräch.

Welche Zukunftsthemen beschäftigen die HGW derzeit?
Ein zentrales Thema ist sicher das Bevölkerungswachstum: Das Bauland in der Schweiz ist begrenzt – aber die Schweizer Bevölkerung wächst. Dieses Spannungsfeld führt zu Herausforderungen und Ängsten. Glücklicherweise verfügt die HGW noch über Potenzial für mehr Wohnraum. Wir können im Bestand weiter verdichten und auch mit Baulandreserven noch etwas wachsen. Ausserdem können wir den Wohnraum gerechter verteilen, indem grössere Wohnungen von mehr Menschen bewohnt werden. Mit Ersatzneubauten stellen wir zum Beispiel neuen Wohnraum mit kleineren Wohnungen für ältere Menschen oder Einzelpersonen und Paare zur Verfügung, die dann wiederum grosse Wohnungen für Familien freigeben. Der Grabenacker ist aktuell das beste Beispiel dafür.

Bei der nachhaltigen Ausrüstung unserer Gebäude – sei es energetisch oder auch technisch – können wir sicher noch besser werden, aber daran arbeiten wir Stück für Stück. Wichtig ist, dass wir dabei überlegt vorgehen, gut analysieren und das umsetzen, was Sinn macht.

Ist die HGW also langsam?
(lacht) Es gibt sicher schnellere als uns – aber für uns haben Stabilität und Sicherheit Priorität. Bei Immobilien muss man in grossen Zeithorizonten denken. Uns gibt es schon seit hundert Jahren und so soll es weitergehen. Andere mögen schneller und moderner sein: Wir können unseren Genossenschafterinnen und Genossenschafter dafür eine langfristige Perspektive bieten. 

Was ist denn der übliche Zeithorizont, den die HGW auf dem Schirm hat?
Bei Immobilien gehen wir von einer Lebensdauer von rund 100 Jahren aus. Da plant man in grossen Zyklen. Gesellschaftliche Veränderungen entwickeln sich im Verhältnis dazu teilweise schneller und so müssen unsere langfristigen Planungen manchmal kurzfristig angepasst werden. Das kommt vor und dann reagieren wir mit der nötigen Flexibilität. Es gibt aber auch Themen mit kürzeren Zeithorizonten. Zum Beispiel bei den Hypothekarzinsen, die sich gerade kürzlich relativ stark und rasch geändert haben. Daher legen wir langfristig und gestückelt an, um Risiken zu minimieren. Denn beeinflussen können wir solche Entwicklung selbst ja leider nicht. 

Welche Themen kann die HGW denn aktiv mitgestalten?
Die HGW hat in ihren Liegenschaften zwar noch Potenzial für weiteren Wohnraum, aber auch dieses ist begrenzt. Darum bringen wir uns zusammen mit anderen Genossenschaften und dem Verband bei den Behörden aktiv ein, um dem preisgünstigen Wohnraum mehr Möglichkeiten zu Wachsen zu verschaffen. Zum Beispiel in Arealentwicklungsprojekten oder wenn es um die aktuelle Revision des Winterthurer Richtplans geht.

So versuchen wir, auf gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, die wir nicht beeinflussen können, überlegt und zielgerichtet zu reagieren. 

Wie bleibt ihr über solche Entwicklungen informiert?
Wir informieren uns aufmerksam in den allgemeinen und fachspezifischen Medien und über die Experten, mit denen wir in verschiedenen Projekten zusammenarbeiten. Vom Bau über die Bewirtschaftung bis hin zum Sozialen kommen so neue Trends und Themen auf, die wir dann HGW-intern breit abgestützt diskutieren. Darüber hinaus sind wir in Winterthur sowie in der Genossenschafts- und Immobilienbranche gut vernetzt und engagieren uns beispielsweise auch im WBG, dem Verband gemeinnütziger Wohnbauträger. 

Viele Menschen verbinden die Zukunft mit Teuerung, Energieengpässen, Verdichtung – und sind verunsichert. Wie geht die HGW mit diesen Unsicherheiten um?
Wir leben schon in besonderen Zeiten: Corona, Kriege, Energiefragen – und alles geht sehr schnell. In diesen Zeiten des Wandels ist die HGW für mich ein sehr stabiler Mikrokosmos. Wir wissen, dass vieles, was wir nicht steuern können, auf unsere Bewohnenden belastend einwirkt. Das nehmen wir ernst und reagieren darauf, indem wir informieren und aufklären, wie wir es zum Beispiel bei den steigenden Energiepreisen getan haben. Und kommt es bei Einzelnen zu finanziellen Engpässen, helfen wir mit Unterstützungen aus unserem Solidaritätsfonds. Auch bei unseren Sanierungs- und Neubauprojekten achten wir stets darauf, kostensensitiv vorzugehen, Ausgaben im Rahmen zu halten und dabei dennoch eine hohe Qualität zu erzielen. Wir machen bei unseren Mietenden übrigens die Erfahrung, dass sie bei Veränderungen mitziehen und Verständnis haben. Daraus ziehen wir eine positive Bestätigung für unser Handeln.

Geht die HGW mit Zukunftsthemen deiner Meinung nach gut um?
Wir sind eher konservativ – und das halte ich für richtig. Wir wollen nicht die Schnellsten sein, wenn es um die Umsetzungen neuer Ideen geht. Unsere Priorität liegt darin, langfristig, sinnvoll und nachhaltig zu handeln sowie Sicherheit zu geben und Risiken im Rahmen zu halten. So stellen wir sicher, dass bei uns auch in Zukunft bezahlbarer Wohnraum verfügbar ist. Potenzial sehen wir darin, unsere Bewohnenden noch transparenter über getroffene Entscheidungen und deren Hintergründe zu informieren.

Was ist Ihre persönliche Herangehensweise, wenn es um Zukunftsthemen geht?
Im Privaten probiere ich gerne neue Sachen aus und finde es nicht schlimm, wenn nicht jede Herausforderung zu meistern ist. Grundsätzlich blicke ich mit Zuversicht und Vertrauen in die Zukunft. Ich sehe im Wandel immer auch eine Chance zur Weiterentwicklung, anstatt ihm mit Angst zu begegnen. Denn Angst lähmt, das führt zu Stillstand, und Stillstand ist nie gut.

Gamal Rasmy
Gamal Rasmy ist Geschäftsführer der HGW, gebürtiger Österreicher und ein Teamplayer. Seit 2003 lebt er in Winterthur und verbringt seine Freizeit gerne in den Bergen. Die Themen der Immobilienwelt und des sozialen Wohnens begleiten den ausgewiesenen Immobilien-Profi schon seit vielen Jahren.

 

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