«Mehr Zusammenleben ist ein zukunftsfähiges Modell»

Bruno Lüscher ist vierfacher Familienvater, Ehemann und in der Pflege tätig. Er kennt darum ganz verschiedene Perspektiven auf das Thema Wohnen in der Zukunft: von sich selbst, von alten Menschen und von seinen Kindern, die gerade ins eigene Leben starten.

Die Welt dreht sich: Wie informierst du dich über Zukunftsthemen und Entwicklungen?
Ich bin klassisch mit der Tageszeitung unterwegs, vor allem beim Morgentisch oder am Wochenende. Am Arbeitsort oder in der Bibliothek, in der ich aushelfe, wird auch darüber geredet. Man tauscht sich über die Themen aus, die einen bewegen.

Wie ist die Stimmung, wenn ihr euch austauscht?
Die Grundstimmung ist schon eher besorgt, vor allem wegen des schnellen Tempos: Alles scheint extremer zu werden, das Schwarz-Weiss-Denken nimmt zu. Aber die persönlichen Gespräche über die Zukunft sind eher positiv. Mein Umfeld und ich leben grundsätzlich sicher und gesund, auch wenn uns einzelne Punkte schon Sorgen machen. Wie zum Beispiel, dass alles teurer wird.

Wie bist du persönlich neuen Entwicklungen gegenüber eingestellt?
Ich interessiere mich für neue Entwicklungen: So sind mir Nachhaltigkeit und mein eigener Fussabdruck sehr wichtig. Die Kinder tragen solche Fragen auch mit nach Hause. Sie hinterfragen vieles – das tut gut und ist auch nötig!

Mit der Digitalisierung tue ich mich manchmal schwer. Ich bin eher analog unterwegs und schaue einfach, dass ich damit zurechtkomme und den Anschluss nicht verliere. Grundsätzlich blicke ich aber positiv in die Zukunft. Das Älterwerden ist natürlich ein wichtiges Thema. Aber so ist das Leben: Die Jungen lösen die Alten ab, es ist ein Zyklus. Und es gibt auch Dinge, auf die ich mich freue, zum Beispiel Enkelkinder. Beim Wohnen muss man sich anpassen können und die eigenen Ansprüche überdenken. Ich habe ein grosses Vertrauen, dass meine Familie und die Gesellschaft gute Entscheidungen treffen werden. Es wird vielleicht nicht immer einfach, wenn mit dem Alter Veränderungen kommen – aber es scheint mir machbar.

Wie stellst du dir denn das Wohnen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vor?
Als wir 2020 zu viert in die 4.5-Zimmer-Wohnung im Sennhof zogen, waren zwei von vier Kindern noch mit dabei. Sie sind inzwischen ausgezogen und die Wohnung ist wieder zu gross. Wir sind uns bewusst, dass wir uns nun anpassen müssen. Auch beruflich bin ich oft damit konfrontiert, denn ich arbeite in der Altenpflege mit dementen Personen. Da ist dieser Schock, von der gewohnten Umgebung ins Pflegeheim umziehen zu müssen, täglich im Gespräch. Ich finde, man kann sich darauf vorbereiten und früh genug altersgeeignete Wohnformen in Betracht ziehen. Meine Mutter zum Beispiel ist in eine Alterswohnung mit Anschluss an ein Pflegeheim gezogen, dann ist der nächste Schritt nicht mehr so gross. Für unsere Kinder werden wohl Energie, Heizen und vielleicht auch Digitalisierung in der Wohnung ein Thema sein. Und auch die Grösse des Wohnraums, denn es gibt immer mehr Menschen. Man muss kreativer werden und die Ansprüche etwas herunterschrauben.

Energiekosten, Verdichtung, Verteuerung: Beschäftigen auch dich diese Themen?
Die Veränderung der Zinsen ist Teil des Mieterdaseins. Meine Frau und ich arbeiten beide und kommen gut durch, aber eine Fixmiete wäre angenehmer – da weiss man, was man hat. Zusammen mit den steigenden Energiekosten und Krankenkassen-Prämien kommen manchmal schon Sorgen auf. Vor allem, weil der Lohn nicht immer oder nicht sofort mitzieht.
Das Thema Verdichtung finde ich sehr sinnvoll: Wir sollten zuerst dichter bauen, bevor wir alles zupflastern. Wir haben vier Kinder und wohnten vorher in einem grossen Haus mit Garten, direkt am Wald. Der Wechsel in eine Wohnung mit Balkon hat uns verunsichert. Aber die Wohnqualität ist völlig ausreichend. Ich schätze das Quartierhafte sehr, so kommen wir unter Leute. Das ist eine Wohnform, die auch gut mit der Verdichtung gut zusammengeht: Mehr Zusammenleben und gemeinsam Angebote zu nutzen ist doch ein zukunftsfähiges Modell.

Wie geht die HGW mit diesen Themen aus deiner Sicht um?
Ich habe grosses Vertrauen in die HGW, dass sie da dran sind. Ich finde es auch vorbildlich, dass sie die Wohnungsausnutzung aktiv angesprochen haben. Die HGW ist eine riesige Genossenschaft und darum geht nicht alles immer so schnell. Das ist ok, und in der Siedlung selbst ist es mit der Siedlungsarbeit eigentlich recht agil: Die Ansprechpersonen reagieren schnell und unkompliziert auf Anliegen und man kennt sie persönlich. Aber es könnte insgesamt mehr kommuniziert werden. Zum Beispiel wäre es super, wenn die Leute aktiv über passende, freiwerdende Wohnungen in der Siedlung informiert würden, wenn also die internen Rochaden mehr von der HGW geplant würden. Aber das ist natürlich viel Arbeit und für manche vielleicht auch zu aufdringlich. Bei den Energiethemen gibt es noch viel Potenzial für Umsetzungen, finde ich.

Bruno Lüscher
Der 55-Jährige lebt mit seiner Frau seit 2020 in der Siedlung Sennhof. Seine vier Kinder sind mittlerweile ausgeflogen, die jüngste Tochter vor einem Jahr. Der gelernte Schreiner ist nun im Pflegebereich tätig und tagtäglich mit dem Thema Wohnen im Alter konfrontiert.

 

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